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Deutscher Labortag 2022 konkretisiert eHealth-Aufgaben in der Infektionsdiagnostik

Der Deutsche Labortag 2022 erörterte die Neuausrichtung der Digitalisierung im Gesundheitswesen
Der Deutsche Labortag 2022 erörterte die Neuausrichtung der Digitalisierung im Gesundheitswesen

Leitplanken für die vom Bundesgesundheitsminister angekündigte Neuausrichtung der Digitalisierung im Gesundheitswesen hat der Deutschen Labortag 2022 am 9. und 10. Mai in Berlin aus der Perspektive der ärztlichen Diagnostiker im Labor gezogen. Bis heute verhinderten Datenschutzvorgaben, dass Gesundheitsdaten als medizinische und politische Entscheidungsgrundlage angemessen aufbereitet werden könnten, kritisierte der Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte Dr. Andreas Bobrowski. Sein Vorstandskollege Dr. Bernhard Wiegel bemängelte auf der BDL-Jahrestagung den schleppenden Rollout des Deutschen Meldesystems für den Infektionsschutz (DEMIS).

 

Ähnlich wie die gematik ist das Infektionsmonitoring des Robert Koch-Instituts „untermotorisiert“ und kann so die politischen Zielvorgaben nicht erfüllen. PCR-Tests zu substituieren und Absonderungsmaßnahmen auf der Basis von Antigen-Schnelltests durchzuführen – diese Entscheidung ist auch unter eHealth-Gesichtspunkten falsch. Nach den Selbsttests im häuslichen Umfeld werden mittlerweile die meisten Antigen-Schnelltests in nichtärztlichen Testzentren durchgeführt. Viele dieser gewerblichen Einrichtungen können DEMIS nach wie vor nicht nutzen. In der Konsequenz wurde zumindest kurz- und mittelfristig das Ziel verworfen, alle Infektionsfälle auf einem Meldeweg zu übermitteln – dem DEMIS. Insofern würde die vom BDL geforderte mittelfristige Schließung nichtärztlicher Testzentren auch das digitale Infektionsmonitoring voranbringen(!).

 

Rahmenbedingungen für den Ausbau digitaler Infrastrukturen im Gesundheitswesen verbessern

Es hat sich herumgesprochen, die Infektionsstatistik ist unzuverlässig geworden, auch weil die Ergebnisse hochpräziser PCR-Tests und minderwertiger Schnelltests einen gemeinsamen Datenpool bilden. Bis heute ist es dem RKI zudem nicht gelungen, die SARS-CoV-2-Testkapazitäten medizinischer Labore bundesweit über das eigene Online-Tool zu ermitteln. Für den Herbst 2022 ist das kein gutes Omen.

 

Offen ist auch die Entwicklung einer Pandemie-App durch den Bund. Die Corona-Warn-App wurde durch den strengen deutschen Datenschutz zu stark abgebremst. Aber statt sie aufzugeben, sollte gezielt an den notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen gearbeitet werden. So lässt sie sich zu einem noch wirkungsvolleren Instrument der Pandemieabwehr weiterentwickeln.

 

Die Ampelkoalition hat angekündigt, den Digitalisierungskurs im Gesundheitswesen stärker am Patientenwohl auszurichten. Der BDL möchte erreichen, dass die Ärzt:innen auf diesem Weg mitgenommen werden. Sie sorgen dafür, dass eHealth-Innovationen in der Bevölkerung angenommen werden. Für die digitalen Infrastrukturen der Labore und Praxen sollte daher künftig der Grundsatz gelten: „Das Geld folgt den Aufgaben“. Wenn der Bund jedes von ihm in der COVID-19-Pandemie ausgelöste Software-Update finanzieren müsste, würde er seine Gesetze und Rechtsverordnungen nachhaltiger entwickeln. Um Digitalisierungskosten zu begrenzen, müssen zudem neue IT-Komponenten vor dem Rollout besser getestet und aufeinander abgestimmt werden.

 

Nicht zuletzt dürfen digitale Innovationen in der Gesundheitsversorgung nicht zum Distinktionsmerkmal zwischen finanzstarken und finanzschwachen Einrichtungen werden. Mit der Vergütung jeder grundversorgenden Leistung ist daher ein fixer Betrag für den Infrastrukturaufbau und -erhalt zu verknüpfen. Investitionshilfen sind am Verfassungsauftrag gleichwertiger Lebensstandards bundesweit auszurichten.