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PoC-NAT als Alternative zur PCR? Neubewertung der PCR-Teststatistik?

Das Vorstandsmitglied des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte PC Dr. Matthias Orth informiert im SWR-Fernsehen zu Nukleinsäuretests auf das Coronavirus SARS-CoV-2
Screenshoot swr.de - Website des Südwestrundfunks (SWR)

Das Robert Koch-Institut hat eine Auslastung der SARS-CoV-2-PCR-Testkapazitäten von aktuell ca. 75 % ermittelt - ein Mittelwert für die deutschen Facharztlabore, der große regionale Unterschiede überdeckt. Beim Blick in die RKI-Statistik wird auch deutlich: Nach einem spürbaren Kapazitätsrückgang in der auslaufenden vierten Infektionswelle und in den Weihnachtsferien bauen die Laborärzt:innen ihre Corona-Diagnostik erneut massiv aus. Auch von Delta zu Omikron wächst das Testangebot der Facharztlabore -- so weit es die knappste Ressource, das qualifizierte Fachpersonal, zulässt. Mit einer neuen realen Kapazität von gut 2,8 Mio. PCR-Tests SARS-CoV-2 wurde in der dritten Januarwoche in Deutschland ein neuer Spitzenwert erreicht.

Am Ende dieses Eintrags zitieren wir eine interessante aktuelle Meldung, die auch die bisherigen Betrachtungen zu den deutschen PCR-Zahlen im Vergleich zur Republik Österreich ein Stück weit revidieren könnte.

Können Nukleinsäuretests am Point of Care die PCR-Tests ersetzen?

Derzeit vergeht kaum ein Tag, ohne dass in Bund und Ländern Vorschläge laut werden, wie in Deutschland noch mehr getestet werden kann. Derzeit im Fokus: PoC-NAT-Tests.

 

Ein aktueller Beitrag im SWR Fernsehen mit dem Vorstandsmitglied des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte (BDL) Priv.-Doz. Dr. Matthias Orth beschreibt kurz die Funktionsweise des Point of Care Nucleid Acid Testing (PoC-NAT). Dann geht es um die Frage, inwieweit das Verfahren eine Alternative zum PCR-Test im medizinischen Labor darstellt. Das Bundesministerium für Gesundheit möchte die neuen Nukleinsäuretests in die Nationale Teststrategie einbeziehen. Der Beitrag in der Sendung SWR Aktuell zeigt aber auch die Limitationen der PoC-NAT-Tests auf:

  • In 15 Minuten ist ein Testergebnis möglich. Jedoch können in einem Durchlauf nicht mehrere Tests gleichzeitig an einem Gerät durchgeführt werden. Große Testzahlen wie im PCR-Verfahren sind damit ausgeschlossen.
    Viele dezentrale PoC-NAT-Tests in einem Land- oder Stadtkreis statt der PCR-Tests in einem oder wenigen Facharztlaboren? Diese Rechnung geht schon bei Betrachtung der Testzahlen-Relationen nicht auf.

  • PoC-NAT-Tests liefern keine CT-Werte, die über die Infektiosität (Viruslast der Testperson) Aufschluss geben könnten. Die Ermittlung und Angabe des CT-Wertes ist jedoch nach derzeitiger Rechtslage für das Freitesten aus der Corona-Quarantäne erforderlich.

  • In dem Fernsehbeitrag kommt auch der Apotheker Jörg Schittenhelm zu Wort, der kritisiert, die derzeitige Testvergütung des Bundes für die PoC-NAT-Teste decke nicht einmal die Sachkosten der Testkits. Hinzu kommt: Die deutschen Laborärzt:innen wissen aus leidvoller Erfahrung, wie schnell die Vergütung eines neuen Testverfahrens deutlich unter das Einstiegsniveau abgesenkt werden kann. Bereits zum 1. Juli 2020 war dies im EBM für die SARS-CoV-2-PCR der Fall. Auch die Testvergütung des Bundes für diese laborbasierten Untersuchungen liegt mittlerweile spürbar unter dem Anfangsniveau.

  • Nicht von der SWR-Redaktion angesprochen, jedoch unbedingt zu beachten, sind die Anforderungen an die Testenden und die Testumgebung in Bezug auf Qualitätssicherung, Arbeitsschutz oder Datensicherheit.

Keine einheitliche europäische Teststatistik - STMGP Bayern zu unterschiedlichen Zählweisen

In diesen Tagen wird der Berufsverband Deutscher Laborärzte häufig gefragt, warum Deutschland seine PCR-Testkapazitäten nicht noch schneller ausbaut. Waren es nicht die deutschen Laborärzt:innen, die die neuen Infektionstests besonders zügig und bedarfsorientiert in ihren Laboren etabliert hatten? Ja, lautet die entschiedene Antwort und in Bezug auf die Testzahlen-Unterschiede zu unseren europäischen Nachbarn ist zumindest Vorsicht angebracht.

 

In einer Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege informiert Klaus Holetschek heute über seine Erkenntnisse zu den Unterschieden in der amtlichen Teststatistik: "Der gerade oft zitierte Vergleich zu Österreich hinkt: Während in Deutschland nur die Anzahl der durchgeführten Pooltests als ‚PCR-Test‘ erfasst wird, berechnet Österreich die Anzahl aller getesteten Personen" , so der bayerische Gesundheitsminister. Bei einem 7-er-Probenpool bedeutete das, für den initialen PCR-Pooltest würden, je nach Perspektive, die deutschen Pools sechsfach zu niedrig erfasst (!) bzw. die Österreichischen entsprechend zu hoch. Es lohnt, dieser Meldung in den kommenden Tagen weiter nachzugehen, damit die Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei den PCR-Tests besser bewertet werden können.