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Erwartungen an die neue Coronavirus-Testverordnung

Die Coronavirus-Testverordnung muss die richtigen Weichen stellen, denn die BA.5-Welle rollt bereits und der Bundesgesundheitsminister warnt vor einem dritten COVID-19-Herbst
Die Coronavirus-Testverordnung muss die richtigen Weichen stellen, denn die BA.5-Welle rollt bereits und der Bundesgesundheitsminister warnt vor einem dritten COVID-19-Herbst

Wird die Coronavirus-Testverordnung verlängert? Beendet der Bund im zweiten Anlauf das umstrittene Experiment kostenfreier Bürgertests?

 

Derzeit mehren sich die Signale auf der Bundesebene, dass es eine Anschlussregelung für die am 30. Juni auslaufende Coronavirus-Testverordnung geben wird. Erwartbar laufen aber die Konzepte zur Weiterentwicklung der Regeln für bundesfinanzierte Infektionstests auseinander. Ein Vergleich der Empfehlungen des Expertenrates der Bundesregierung (PDF-Download) und der Gesundheitsministerkonferenz macht dies deutlich. Vor allem die Zukunft der gewerblichen Testzentren und ihre künftige Finanzierung werden in Berlin intensiv diskutiert. Das Bundesgesundheitsministerium wird wohl erst kurz vor Fristablauf zur neuen Teststrategie informieren und einen Verordnungsentwurf vorlegen.

 

Coronavirus-Testverordnung und EBM: Das sollte sich ändern

In der sich aktuell aufbauenden BA.5-Infektionswelle und mit Blick auf das Winterhalbjahr 2022/23 müssen die Verantwortlichen im Bund und in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in erster Linie drei bedeutende Änderungen vornehmen:

 

1. Ausstieg aus den Bürgertests einleiten: Die kostenfreien Angebote in nichtärztlichen gewerblichen Testzentren müssen, zumindest schrittweise, abgeschafft werden. Sie sind medizinisch ineffektiv, weil das eingesetzte Personal und die Antigen-Schnelltests elementare Qualitätsstandards nicht erfüllen können. Sie sind teuer – bis zu 1 Mrd. Euro/Monat hat der Bund für Antigen-Schnelltests bisher aufgewendet! Nicht zuletzt bleiben sie intransparent. Den zuständigen Aufsichtsbehörden und auch den Selbstverwaltungsorganen im Gesundheitswesen gelingt es bis heute nicht, die Einrichtungen angemessen zu kontrollieren und teils massive Rechtsverstöße zu sanktionieren.

 

2. Medizinisch notwendige ärztliche Testkapazitäten absichern: "Infiziert oder nicht?", auf diese Frage liefern nur die PCR-Infektionstests im  Facharztlabor Gewissheit. Und auch nur diese Testergebnisse können - in der Regel taggleich - über das Deutsche Elektronische Melde- und Informationssystem für den Infektionsschutz (DEMIS) übermittelt werden. Der Bund muss diese diagnostische Infrastruktur finanziell und rechtlich absichern. Mit der aktuell gültigen Coronavirus-Testverordnung ist ihm dies nicht gelungen. Sie hat die diagnostischen Infrastrukturen im Kampf gegen das Coronavirus geschwächt, statt sie zu stärken.

 

3. Versorgung symptomatischer Personen im Herbst/Winter 2022/23 verbessern: Die gesetzlichen Krankenversicherungen müssen die Empfehlung des Expertenrates der Bundesregierung aufgreifen und die Multiplex-PCR für die Diagnostik von Atemwegsinfektionen zur Kassenleistung machen. Mit dem Multiplex-PCR-Verfahren können verschiedene Erreger effizient gegeneinander abgegrenzt werden, die vergleichbare Symptome hervorrufen. So werden Hausarztpraxen und Notaufnahmen in der kalten Jahreszeit entlastet. Medizinische Interventionen, gerade bei vulnerablen Patientengruppen, können schneller und wirksamer erfolgen.

 

Auch eine neue Testverordnung ab dem 1. Juli kann aber nur mit den passenden Rahmenbedingungen im Infektionsschutzgesetz (IfSG) ihre volle Wirkung entfalten. Daher muss mit Blick auf die kalte Jahreszeit die Ausnahme in § 24 IfSG fallen, die das Coronavirus SARS-CoV-2 vom Arztvorbehalt in der Infektionsdiagnostik ausschließt.